"Im Lauf der Zeit"

Regie:
Wim Wenders
Drehbuch:
Wim Wenders
Kamera:
Robby Müller
Schnitt:
Peter Przygodda
Besetzung:
Rüdiger Vogler, Hanns Zischler, Lisa Kreuzer, Marquard Bohm, Rudolf Schündler, Dieter Traier, Franziska Stömmer, Peter Kaiser, Patrick Kreuzer


Deutschland 1976

„KINGS OF THE ROAD is a quiet, almost lyrical film that disdains psychological motivation, suspense and dramatic tension. In that sense, it reflects Wenders’s admiration for the films of Yasujiro Ozu.“ (Baseline’s Encyclopedia of Film)

Im Mittelpunkt des Films steht die Beziehung zwischen zwei Männern. Der eine, Bruno, zieht durch die Lande und repariert Kinoprojektoren, der andere, der suizidgefährdete Robert, hat sich soeben von seiner Frau getrennt. Sie lernen sich kennen und begeben sich mit einem Truck auf eine lange Reise über die staubigen Straßen entlang der ehemaligen deutsch–deutschen Grenze. Beide, einsam und introvertiert, sehnen sich nach weiblicher Gesellschaft, sind aber offenbar unfähig, sowohl mit Frauen, als auch ohne Frauen zu leben.

Doch ist dies nicht das einzige Thema des Films, es geht hier ebenso um das generelle Problem, miteinander zu kommunizieren und - ein typisch Wenders’sches Anliegen - um die Amerikanisierung des deutschen Lebens. Nicht zufällig sagt einer der beiden Kings of the Road, als ihm irgendein Popsong nicht mehr aus dem Kopf gehen will: „Die Amerikaner haben unser Unterbewusstsein kolonialisiert“.

Im „Lauf der Zeit“ gibt es auch eine Art Theater auf dem Theater, oder besser gesagt: Kino im Kino. Wenders liegt der Zustand dieser Kunstform natürlich ganz besonders am Herzen. Dass viele Lichtspieltheater auf dem Lande schließen müssen, wenn sie nicht irgendwelchen Verleih - Schrott zeigen, tut ihm weh. Er lässt eine Kinobesitzerin vom alten Schlage philosophieren über den Film als „Kunst des Sehens“. Sie sagt: „So wie es jetzt ist, ist es besser, es gibt kein Kino mehr, als dass es ein Kino gibt, wie es jetzt ist.“ Von der Neonschrift eines Lichtspieltheaters mit dem Namen „Weiße Wand“ funktionieren nur noch die Buchstaben „e, n, d.“

Die Presse feierte den „Lauf der Zeit“ als „Meisterwerk des Neuen Deutschen Films“ (Munzinger). Richard Roud betitelte seine Rezension über das Rotterdam Film Festival im ARTS GUARDIAN (9/3/76): „Golden Wenders“ und schrieb:“The film has just those qualities that Wenders admires so much in John Ford. And the two actors – Rüdiger Vogler and Hanns Zischler – have that admirable presence of Ford’s actors, and this carries the film triumphantly along its long road.“ Wolf Donner prophezeite in der Wochenschrift DIE ZEIT: „Die handwerkliche Virtuosität von ‚Im Lauf der Zeit‘ wird die Cinéasten süchtig machen.“

Der Strom der Élogen erfasste auch die Musik:
Inge Bongers spricht in ihrem Artikel „Tramps ohne Vamps“ von einem Film „für alle, die Geduld haben, zuzuschauen, einer Geschichte zu folgen, die hinreißend komponiert wurde: von der Idee über die Fotografie bis zur Musik der Improved Sound Limited.“ Und Uwe Künzel resümiert in WIM WENDERS – EIN FILMBUCH: „Die Musik der Gruppe ‚Improved Sound Limited‘ hat viel zur Stimmung von ‚Im Lauf der Zeit‘ beigetragen: Die fast episch breiten Sätze bilden die Ruhe der Kamera nicht nur nach, sie tragen die Bilder mit in ihrer Gemächlichkeit, in ihrer gleitenden Bewegung. Das Gleiche lässt sich von Ry Cooder’s Gitarrenklängen in ‚Paris, Texas‘ feststellen.“
Für F.J.Bröder (NÜRNBERGER NACHRICHTEN 2/4/76) „verlangt ‚Im Lauf der Zeit‘ ein anderes Zeitgefühl, ein anderes Sehen. Im Verlauf dieser knapp drei Stunden muss man sich einem Zeitrhythmus überlassen, den man nicht gewöhnt ist. Man muss sich einsehen, einfühlen in diese ruhigen, lange stehenden Schwarzweißbilder einer nicht minder ruhigen, fast vergessenen Landschaft, muss sich der Kamera überlassen, die endlose Autofahrten verfolgt, mitschwenkt über die geschwungenen, asphaltglänzenden Landstraßen. Und man muss sich einhören in die kargen Dialoge der beiden Männer, in ihre belanglosen, vielsagenden Sätze und einhören in die wunderbare, schwebende und gar nicht nostalgische Filmmusik der Nürnberger Band ‚Improved Sound Limited‘.“

[ Nominierung für die „Palme d’or“, Cannes 1976, FIPRESCI Prize in Cannes 1976, Golden Hugo in Chicago 1976 ]

 

 

 

 

 

 



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