CD  bell cantos

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Bell Cantos- Ezra Pound Revisited

1969 bekam „Improved Sound Limited“ den Auftrag, die Musik für einen Fernseh-Dokumentarfilm über Ezra Pound (1885 - 1982) zu realisieren. Bis zu diesem Zeitpunkt kannten meine Band und ich Pound vor allem als Dichter der „Cantos“ und „Pisaner Gesänge“, und natürlich wussten wir auch um sein unglückliches Schicksal nach dem Zweiten Weltkrieg mit Hochverratsprozess, Haft und 13 Jahren Nervenheilanstalt.- Nach der Lektüre seiner Lyrik befassten wir uns mit einer anderen Facette seines Schaffens, nämlich der Musik und konkret dem Operneinakter „Le Testament“ (nach Villon) und dessen musikologischem Fundament. Wir lasen damals mit Interesse Pound‘s kryptische Theorie über „Absolute Rhythm and Great Bass“ und staunten über die eigenwillige Einteilung der Tonkunst in „Emotional and Pattern Music“. Für Pound stand fest: „The early music starts with the mystery of pattern“. Unter diese Kategorie subsumierte er auch seine eigene Musik, z.B. die seiner Villon-Oper, die am 29. Juni 1926 (mit einem Miniatur-Orchester und dem „Bad Boy of Music“, George Antheil, am Piano) in der Salle Pleyel in Paris ihre Uraufführung hatte. Die Liste der Premièren-Gäste liest sich wie ein Who’s who: Djuna Barnes, James Joyce, Ernest Hemingway, T.S. Eliot, Jean Cocteau und Virgil Thomson, der einige Zeit später darüber schrieb: „The music was not quite a musician’s music, though it may well be the finest poet’s music since Thomas Campion...“

Wie dem auch sei, wir nahmen ein paar paradigmatische Takte dieser Oper zum Ausgangspunkt unserer Filmmusik, indem wir Pound‘s Ratschlag beherzigten: „One must, perhaps, find one’s ideal artist in fragments, never whole and united.“ Und so stellten wir in den Mittelpunkt unserer Musik ein melodisches Zitat, eine kleine Linie von „Pound-the-Troubadour“, die ihrerseits die Affinität zu einem Volklied aus dem Mittelalter nicht leugnet. Jenes berühmte „L’homme armé“, das zur Basis vieler Werke wurde von Dufay über Josquin bis zu Thierry Pécou und via Pound auch für eines von „Improved Sound Limited“, selbst wenn es sich hier eher um ferne Anklänge handelt. Wir versuchten, die Pound‘schen Ideen und Überlegungen mit der Ästhetik unserer Zeit zu konfrontieren, ohne den archaischen Reiz (Melodiebildung nach dem Vorbild griechischer Prosodie, im hypodorischen Modus) zu mindern. „Improved Sound Limited“ erweisen sich hier als „Liebhaber ungerader Zahlen“ und gestalten diese Hommage an Ezra Pound, an „Pound-the-poet-and-the-man“ und gewiss nicht „Pound-the-politician“, als Mischung aus Quintorganum und Fauxbourdon, aus Psychodelic-Klängen und Moog-Glissandi, aus bukolischer Holzbläser-Idylle und maschinenhafter Drums-Motorik, aus ungeraden Taktarten, Polyrhythmik, changierenden Perkussionsfarben und meditativer Improvisation.

Eingespielt wurde dieses vom Bayerischen Rundfunk (bzw. dessen Autoren Eva Hesse und Harald Hohenacker) beauftragte und in keine Schublade passende Opus 1969 in den Union Studios München (Engineer: Thommy Klemmt, Additional Recording & Mix: Jörg Scheuermann). Vierunddreißig Jahre später haben wir uns die Bänder nochmals vorgenommen, sie sorgfältig remastert und „with a little help from our friends“, Johannes Barnikel (keyboards) und Norbert Nagel (soprano sax & bass clarinet) ergänzt - und zwar um die Teile, die damals für den Film nicht gebraucht wurden, ohne die jedoch die hier vorliegende Suite unvollständig wäre. Das Ergebnis ist die nun erstmals auf CD vorliegende Film-Musik, die wir „Bell Cantos“ überschrieben haben. Für meine Band und mich war dieses Pound-Experiment eine wichtige Orientierungsstufe vor der Entscheidung für klassische Rocksongs, wohl wissend, dass das vermeintlich Leichtere oftmals das Schwerere ist...

Anyway, take it easy, this Pound of Sound!
Axel Linstädt


 

 

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